Liebe Freundin, lieber Freund!
Sei herzlich gegrüßt zum zehnten Newsletter zum Thema »Schreiben und Schreiben lernen«! (Web: Schreiben in Berlin.de). Alle bisherigen Newsletter findest Du übrigens hier, im Blog.
Die große Freiheit!
The Point of NO RETURN
Die Reise Deiner Heldin beginnt!
Der Stand der Dinge
Deine Heldin hat ihren Weckruf, ihren Ruf zum Abenteuer angenommen. Und sie weiß, vielleicht durch die Unterstützung ihres Mentors auch schon, was ihre nächsten Schritte sein werden. Wahrscheinlich ahnt sie auch schon, dass ihre nächsten Schritte gewaltige Konsequenzen haben werden. Aber was die Konsequenzen genau sind, das weiß sie noch nicht. Das ist so bei Abenteuern.
Die große Freiheit
Indem Deine Heldin sich nun auf ihr Abenteuer einlässt, unternimmt sie einen Schritt in die große Freiheit. Sie nimmt sich die Freiheit. Sie emanzipiert sich von allem (?) Bisherigen und tritt ein in eine offene Zukunft. Sie besitzt nun also die Freiheit von vielem Alten und gleichzeitig die Freiheit zu vielem Neuen. So viel Freiheit auf einmal hat sie wahrscheinlich in ihrem Leben noch nie erlebt. Doch die neu gewonnene Freiheit hat auch einen Haken, einen Wermutstropfen.
Das Überschreiten der Schwelle –
The Point of No Return
Indem Deine Heldin sich auf die große Freiheit einlässt, überschreitet sie eine Schwelle, hinter der es kein »Zurück« mehr gibt. Der Schritt in die große Freiheit ist ein »Point of No RETURN«.
Dass es mit dem Schritt in die große Freiheit kein Zurück mehr gibt, jedenfalls kein so ganz einfaches Zurück, kann man in jeder Geschichte und in jedem Film ganz deutlich sehen:
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Harry Potter durchbricht mit kräftigem Anlauf die Ziegelwand, um auf den Bahnsteig 9 ¾ zu gelangen. Damit betritt er eine für ihn ganz neue Welt!
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Goethes Faust unterzeichnet den Pakt mit dem Teufel durch ein Tröpfchen Blut.
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Ursula wandert aus nach Australien; der Dampfer legt ab.
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Jemand legt ein Gelübde ab (Nonne, Priesterweihe) oder gibt dem / der Geliebten ein Eheversprechen.
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Bianca sitzt gespannt im Flieger nach London und das Flugzeug rollt immer schneller und hebt nun ab.
Diesen Moment des Überschreitens der Schwelle bitte ich Dich, sehr bildhaft, sinnlich wahrnehmbar und nachvollziehbar zu beschreiben
Die große Freiheit – und 1000 Geistesblitze
Während dieses einen kurzen Momentes, dem Überschreiten der Schwelle ohne Wiederkehr, gehen Deiner Heldin mindestens 1253 Gedanken und Geistesblitze durch den Kopf: Wow, ein völlig neues Leben beginnt! Ratter, ratter, ratter, ratter … arbeiten die Rädchen unter der Schädeldecke!
Du merkst sicher schon: Zur hauptsächlich sinnlichen, wahrnehmbaren Beschreibung der Anfangskapitel kommen jetzt jede Menge nicht mehr sinnlich wahrnehmbarer Gedanken hinzu! Jetzt kannst Du dich als Philosophin erproben und bewähren!
Was hat Deine Heldin in diesem Moment für Empfindungen und Gedanken? Schreibe sie alle auf! – Alle? – Ja, alle 1253! Denn hier, in diesem Moment malt sich Deine Heldin die große Freiheit ihres neuen, ganz frisch eroberten Lebens aus. Genauer: Deine Heldin malt sich in diesem Moment die große Freiheit ihres neuen Lebens aus, das aber noch gar nicht erobert ist! Alles ist völlig offen! Ihr neues Leben ist ihr ja noch völlig unbekannt.
Deine Heldin und die große Freiheit
Und – nur nebenbei: Deine Heldin ist in Wirklichkeit ja auch noch keine Heldin; wir nennen sie nur so. Zur Heldin wird sie ja erst noch durch die große Freiheit in dem neuen Leben, das noch unbekannt vor ihr liegt! Selbst ein angehender großer Zauberer wie Harry Potter ist beim Überschreiten der Schwelle noch kein wirklicher Held, sondern ein zarter Knabe, der einen Einkaufswagen schiebt.
So ist es auch mit Deiner »Heldin«. Sie ist ein ganz normaler Mensch, ein junges Mädchen vielleicht, vielleicht auch eine reife Frau. Und so beschreibe sie uns bitte auch; so können wir Deiner Heldin nahe kommen, uns mit ihr identifizieren. Lass sie einfach ganz normale Gedanken haben (1253!), lass sie ganz normale Dinge tun, lass sie schwitzen, lass sie frieren, …
Die große Freiheit und: Neue Freunde!
Dass Deine Heldin 1253 neue Gedanken hat, ist nicht das einzig Neue! Wahrscheinlich begegnet sie auch Menschen, macht Reisebekanntschaften, manche werden vielleicht später zu Freunden. Denkt an Harry Potter: Schon bei der Platzsuche im Zug begegnet er Ron und kurz darauf Hermine (»Pleasure; by the way …), die später seine besten Freunde werden sollen. Aber er trifft auch auf Malfoy, seinen späteren größten Widersacher!
Du erkennst, was ich meine, ja? – Sollte ich in den Harry Potter Beispielen manches in meiner Erinnerung verwechseln, habt bitte Nachsicht! (Ich freue mich schon riesig darauf, den Film gleich heute Abend nochmals anzuschauen!)
Auch Du hast jetzt die große Freiheit
Nachdem Du in der Einführung auch mancherlei Pflichten ableisten musstest, damit Deine Geschichte auf sicherem Fundament steht, beginnt jetzt für Dich als Schriftstellerin die Kür! Jetzt (endlich!) hast Du die große Freiheit zu schreiben, was Du willst! Lass Dich gehen, lass Dich treiben, lass Deine Heldin erleben, was Du selbst erleben magst und auch das, was Du selbst vielleicht auch lieber niemals erleben möchtest (Katharsis).
Jetzt heißt es: Vorhang auf! Licht an! und das Spiel, Dein Spiel kann beginnen. Jetzt kannst Du schreiben, bis die Feder qualmt. Genieße Deinen Stoff! Und Dein Schreiben! Genieße Dich als Schriftstellerin!
Das Thema Deines Lebens
Wäre ich jetzt ein ordentlicher Deutschlehrer, würde ich Dich freundlich daran erinnern, bei allem, was Du bedenkst und allem was Du nun beschreibst, das Thema Deines Lebens und auch Deine größte Angst im Auge zu behalten.
Weil ich aber kein Deutschlehrer sondern nur Schreibmentor bin und auch gar nichts anderes sein will, sage ich nur: Schreibe doch, was Du willst! Wenn Du das schreibst, was Du wirklich schreiben willst, wirst du genau das Richtige schreiben! Auch mein Freund Johann Wolfgang würde sich meiner Vermutung sicherlich anschließen:
ΔΑΙΜΩΝ, Dämon
Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sibyllen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.
In diesem Sinne:
Mögest Du für die jetzt zu schreibenden 200 Seiten immer ausreichend Tinte auf Deiner Feder haben!
Ich grüße Dich herzlich,
Dein Michael
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PS.: Von der Zeitung »DIE WELT« wurde ich aktuell zum Thema Fatalismus und Vorbestimmung befragt: (Ziemlich weit nach unten scrollen; da sind dann meine Worte und mein Antlitz zu finden.)