Schreiben über mich selbst und mein Leben

Warum sollte ich über mich selbst und mein Leben schreiben wollen?

Die Teilnehmerin eines Online-Schreibworkshops fragte mich und uns Schreibende: „Schreiben über mich selbst und mein Leben? – Warum sollte ich über mich selbst und mein Leben schreiben wollen? Das interessiert doch wirklich niemanden. Was soll das?“ Und sie schloss mit: „Ich sehe dieses Schreiben über mich und mein Leben nur als Übung an. Für das Größere und Bedeutungsvollere, das da hoffentlich noch kommen mag.“

Ich bin immer sehr dankbar für solche ganz einfachen, grundlegenden Fragen. Denn sie fordern mich doch stets dazu auf, mir selbst über mein Tun und Handeln Rechenschaft abzulegen.

Mein Schreiben – Wen interessiert das schon?

Das ist eine berechtigte Frage! Schließlich „investieren“ wir ja eine Menge Zeit und Geld in unser Schreiben. Und, wer investiert, der investiert ja auch stets in der Hoffnung, dass sich das Investment lohnen möge. Oder?

Oder schreiben wir etwa „nur“, weil es uns im Schreiben so gut geht, weil wir uns im Schreiben so wohl fühlen und weil unser Schreiben auch sinnstiftend in unserem Leben wirken kann?

Doch nebenbei: Was hießt hier „nur“? Allein diese Aspekte, besonders die Sinnstiftung des Schreibens, könnten für mich durchaus hinreichende Gründe zum Schreiben sein.

Aber zurück zur eigentlichen Frage: Wen könnte mein Schreiben denn interessieren? Und zur Beantwortung dieser Frage will ich zunächst nicht in die Ferne zu schweifen, nach Anderen zu suchen, denn auch hier liegt das Gute ganz nah. Schauen wir doch erst einmal auf uns selbst und fragen wir uns: Was könnte mich selbst an meinem Schreiben über mich und mein Leben interessieren?

Was könnte mich selbst an meinem Schreiben über mich selbst und mein Leben interessieren?

Die Antworten auf diese Frage sind vielfältig; können vielfältig sein. Versuchen wir die Frage doch einfach, die Aspekte nicht hierarchisch, sondern anhand des Schemas unserer 12-stufigen Heldenreise gegliedert zu beantworten. Denn das ist ja auch das Schema, nach dem wir in unseren Workshops zumeist arbeiten und schreiben.

Also los: Hier sind nun einige Gründe, weshalb uns in unser Schreiben über uns und unser Leben interessieren könnte!

1) Wir lernen unser Leben kennen

Der erste Grund: Wir lernen uns und unser Leben kennen. Natürlich nur uns und unser Leben der Vergangenheit. Die Zukunft können wir ja jetzt noch nicht oder nur sehr bedingt kennen lernen. Das Erleben und Kennenlernen der Zukunft kommt dann vielleicht später.

Vielleicht, je nachdem worüber wir schreiben, lernen wir auch uns und unser Leben der jüngsten Vergangenheit kennen. Die jüngste Vergangenheit, die wir gerne als Gegenwart bezeichnen, was sie ja nicht wirklich ist.

Und natürlich lernen wir auch nicht uns in unserem ganzen vergangenen Leben kennen, aber den Teil, dem wir im Schreiben ganz nahe kommen, sehr wohl. Weil das Schreiben über uns und unser Leben ein Einfinden und ein Erinnern bedarf. Und zu den vorhandenen Erinnerungen gesellen sich dann noch zahllose andere verschüttete, scheinbar längst vergessene Erinnerungen hinzu. Ein wahres Wunder unseres in uns schlummernden geistigen Reichtums.

In unserem Strukturschema der Heldenreise entspricht dieses Erleben den gesamten Zeitraum, über den wir schreibend berichten. Angefangen von unserem einstigen „Paradies“, in dem unser Leben märchenhaft in Ordnung war bis in unsere Gegenwart, in der wir schreiben oder bis zu unserer Rückkehr in unser erneuertes oder neues Paradies. Das entspricht der Heldenreise von 0 Uhr bis xxx bis12 Uhr. Je nachdem, ob wir über eine vollständig abgeschlossene Reise berichten oder ob wir die Heldenreise schreibend als eigenes Lebenscoaching oder schreibend zur Therapie benutzen.

2) Wir erfahren, was und wie wir einst fühlten und dachten

Vielleicht, je nachdem in welchem Lebensabschnitt wir mit unserer Geschichte starten, lernen wir, uns erinnernd, die Sorgen und die Ängste unserer Kindheit kennen. Besonders unsere größte Angst, die unseren Charakter und unser Leben prägte und zum Teil sicherlich auch bestimmte.

Und dann gibt ja noch das zu erinnern, was wir wollten. Das, was wir vielleicht ganz unbedingt wollten. Unser Stern, dem wir folgten und vielleicht auch heute noch unvermindert, vielleicht sogar verstärkt, folgen.

Unser einstiges Fühlen und Denken erinnern wir besonders im Schreiben der Heldenreise-Stationen 1 Uhr bis 5 Uhr.

3) Wir erfahren auch, wie wir unser Leben meisterten

Wie meisterten wir mit unserem einstigen Fühlen und Denken unser Leben? Welchen Fragen und welchen Aufgaben mussten wir uns stellen? Wer waren die Lehrer, die Mentoren und die hilfreichen Freunde auf unserem Weg? Und wer waren unsere Feinde? Wer wollte uns daran hindern, uns selbst zu entfalten, unser Leben zu leben?

All diese Erinnerungen finden wir in den Heldenreise-Stationen 2 Uhr bis 5 Uhr.

4) Wir lernen unsere Entwicklung kennen

Wir lernen im Schreiben auch unsere Entwicklung zeit unseres Lebens kennen. Und wir lernen, sie zu verstehen. Anhand dessen, was wir wir erlebten. Anhand der zahlreichen Gespräche, die wir mit Freunden und Vertrauten zeit unseres Lebens führten. Wenn wir klug sind, begegnen wir unseren Erinnerungen freundschaftlich.

Nicht zuletzt lernen wir auch unsere lebensbestimmende Entwicklung kennen, die wir in der Konfrontation mit unserer größten Angst durchmachten. Durchmachen mussten, um zu dem Menschen zu werden, der wir heute sind.

Dies erinnern und erleben wir schreibend in den Heldenreise-Stationen 5 Uhr, 6 Uhr und 7 Uhr.

5) Wir erfahren, wozu und wofür wir auf der Welt sind

Welches sind die einst angelegten und welches sind die entwickelten Ziele unseres Lebens? Was waren und was sind unsere Werte? Wer sind wir? Was ist unsere Aufgabe? Wofür sind wir da? Und wofür wollen wir da sein?

Die Antworten auf diese Fragen, deren Wert gar nicht überschätzt werden kann, finden wir auf allen Stationen der Heldenreise. Ganz besonders in den Stationen 5 Uhr, 6 Uhr, 7 Uhr.

6) Wir erfahren, was zu tun ist

In der Station 7 Uhr unserer Heldenreise erfuhren wir schreibend, was unser Elixier ist. Was unser Stern ist, dem wir folgen sollen, weil wir ihm auch folgen können. Und – mindestens insgeheim – auch folgen wollen und folgen „müssen“. Weil dies der Stern, das Wissen, der Gedanke, die Haltung, die Liebe ist, die uns erfüllt. Die Liebe, die uns wirkliches Leben ermöglicht und die es uns ermöglicht, dankbar, glücklich und zufrieden zu leben und zu handeln.

Auf dem Rückweg unseres Helden-Abenteuers erfahren und erleben wir dann, wie wir unser neu gewonnenes Elixier in unser Leben einfließen lassen konnten und es in unser Leben einfließen lassen können. Wie wir es in unserem Leben verwirklichen können. Wie wir ganz praktisch unserem Stern folgen können. Zu unserem eigenen Nutzen und zum Nutzen aller.

Wir werden schreibend auch erfahren und erleben, welche Belohnungen wir für unsere Lebensbemühungen erhielten oder noch erhalten werden. Darüber und darauf dürfen wir uns zu Recht freuen. Denn wahrscheinlich ist auch dies nicht nur unser eigener Nutzen. Sondern der Nutzen aller.

All dies lernen wir auf der Rückkehr der Heldenreise von unserem schwersten Abenteuer zurück in unser Paradies kennen. Auf den Stationen 7 Uhr bis 12 Uhr.

7) Schreiben über mich selbst und mein Leben als Selbstbegegnung

Nicht zuletzt werden wir im „Schreiben über mich und mein Leben“ uns selbst begegnen können. Wir werden vielleicht diese unaufgebrachte, ruhige, stimmlose Stimme vernehmen, die uns unser Leben erzählt. Und indem wir schreiben, verleihen wir dieser stimmlosen Stimme einen Ton und einen Klang.

Das dürften wir uns wert sein!

Nun aber:

Was könnte andere Menschen an meinem Schreiben über mich selbst und mein Leben interessieren?

Nun wollen wir auch noch die Frage, was wohl andere Menschen an unserem „Schreiben über mich und mein Leben“ interessieren könnte, zu beantworten versuchen.

Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst

Wir alle sind ja Menschen und wir alle haben die Aufgabe, manchmal auch das Problem, unser eigenes Leben zu meistern. Das ist keine kleine Aufgabe. Deshalb dürfen wir hierfür ruhig breit aufgestellt sein, anderen Perspektiven begegnen und sie uns vielleicht auch aneignen. Und nichts Menschliches sollte uns völlig fremd sein.

Deshalb ist es grundsätzlich interessant und spannend für uns, welche Abenteuer des Lebens anderen Menschen begegnen und wie sie sich in ihren Abenteuern schlagen. Wir dürfen ruhig neugierig sein und uns fragen: „Wie kriegen Andere denn ihr Leben gebacken?“ Und natürlich dürfen wir im Lesen auch neugierig sein, lernen und ein bisschen Voyeur spielen.

Dabei sind ganz besonders die einfachen, „ganz normalen“, unspektakulären Lebenswege für uns besonders interessant und spannend. Denn sie kommen unserem eigenen Leben oder unserem möglichen Leben doch am allernächsten. Wir selbst werden ja wahrscheinlich nicht zu fremden Sternen fliegen, zum Mittelpunkt der Erde vordringen oder urzeitlichen Monstern oder Dinosauriern begegnen. (Gut so!, denke ich mir … und schreibe weiter.)

Ich liebe das Unspektakuläre

Ich selbst liebe besonnen und schön geschriebene Lebensgeschichten sehr. Ganz besonders, wenn sie mir ehrlich geschrieben erscheinen und ich Vertrauen zu der Schriftstellerin oder dem Schriftsteller fassen kann.

Dabei liebe ich ganz besonders die leisen, nachdenklichen Betrachtungen, die Gespräche und vor allem die Selbstgespräche, die nachvollziehbaren Gedanken, denen ich beiwohnen darf.

Ich bin dankbar für diese Geschichten. Nicht nur, weil sie mich emotional fesseln und mir emotional einen sicheren Raum bieten. Sondern weil ich aus ihnen auch wirklich lernen kann, weil sie mich anregen, weil sie Fragen und Gedanken in mir erwecken … Kurz: Weil sie mir ein reiches Geistesleben schenken.

Ich bin allen, die einfach, ehrlich und schön schreiben, von ganzem Herzen dankbar! Ich bin Dir, die/der Du einfach, ehrlich und schön schreibst, von ganzem Herzen dankbar!

Das „Schreiben über mich selbst und mein Leben“

Ich finde es also keineswegs abwegig, über sich selbst und das eigene Leben zu schreiben. Weil es uns nützt und uns auch helfen kann. Und weil es für Andere durchaus auch mehr als interessant sein kann.

Und sollte dieses Schreiben „nur“ eine geeignete Übung für Größeres und Bedeutungsvolleres sein, so will ich mich gerne auf das noch Kommende sehr freuen.

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